Von den Donauschwaben zur Atlantikküste (3.1. - 13.1. 2013)

Gemäß unserem Plan sind wir von Dreizehnlinden aus wieder nordwärts in den Bundesstaat Paraná gefahren. Wir wollten dort ja das österreichische Ehepaar besuchen, das wir zu Weihnachten in Gramado kennengelernt hatten. Die uns so viel von ihrer Landwirtschaft in der Ebene erzählt hatten. Als wir dann dort waren, war alles anders, als wir dachten.

Heli und Florian sind Donauschwaben, deren Familien nach dem Krieg von Jugoslawien nach Österreich flüchten mussten. Die beiden sind in Österreich geboren, fühlen sich aber eher als Donauschwaben. Das ist eine sehr umfassende Gemeinschaft, die ursprünglich aus Ulm kommend einige Male von ihrem Besitz vertrieben wurde und bei „null“ anfangen musste. Donauschwaben sind in der ganzen Welt verstreut. Sie haben ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl und es gibt immer Treffen mit anderen bei großen Festen um ihre Traditionen zu pflegen und ihre Vergangenheit auch den jungen Donauschwaben zu vermitteln. Deutsch wird in fast jeder Familie in Entre Rios gesprochen.

 

Die Ebene war zwar eine Ebene, aber keine Tiefebene, wie wir uns das vorgestellt hatten. Die großen landwirtschaftlichen Flächen der Donauschwaben, die gleichzeitig auch die Kornkammer Brasiliens sind, liegen um 1.000m herum. Aber ab jetzt stimmt wieder alles!

 

Die zwei haben sich sehr über unseren überraschenden Besuch gefreut und uns nach Strich und Faden verwöhnt. Wir wurden fast wie Familienmitglieder behandelt und in den fünf Dörfern aus denen die Siedlung besteht herumgeführt. In intensiven Gesprächen haben sie uns über die Anfänge in der Siedlung erzählt. Beide waren sechs Jahre als sie von Österreich aus mit Hilfe von Österreichischen und Schweizer Organisationen hierher gebracht wurden. Im Jänner 2012 wurde mit einem großen Fest der 60ste Jahrestag der Siedlungsgründung in Paraná gedacht. Zu diesem Anlass wurde ein wunderbar gestaltetes Heimatmuseum errichtet. Wir haben uns dort näher in die wechselhafte Geschichte der Donauschwaben einführen lassen.

 

Auf ihren Feldern wird Weizen, Mais, Gerste und Soja angebaut. Nachdem abwechselnd angebaut werden kann, gibt es zwei Ernten im Jahr. Soja ist eher per Zufall so ein Renner geworden. Es wurde zu Beginn als Gründüngung angebaut. Jetzt ist es die gewinnbringendste Feldfrucht geworden.

Wir haben ausnahmsweise eine Privatführung in der größten Malzfabrik Brasiliens bekommen und sind sogar bis in das Büro des Präsidenten der alles dominierenden Agrargenossenschaft „Agraria“ vorgedrungen. Hier verarbeiten sie ihre Gerste selbst und exportieren das Gerstenmalz in ganz Brasilien. Wir hatten das Gefühl im sterilen Deutschland zu sein! Durch Fleiß und ständigen Zukauf von Ackerflächen sind die meisten Donauschwaben hier richtig reich geworden, ihre Wohnhäuser sind keine Bauernhäuser sondern ähneln eher denen in wohlhabenden US-amerikanischen Vorstädten. Welch ein Kontrast zu den normalen Brasilianischen Ortschaften!

 

Nach ein paar Tagen Familienanschluss auf einer Hochebene hat es uns ans Meer gezogen. Mit vielen guten Wünschen und Tipps für die schönsten Strände sind wir den warmen Stränden entgegen gezogen.

 

Südwärts im Bundesstaat Santa Catarina haben wir unseren ersten Strand gefunden. Wir wurden von vielen Seiten von den brasilianischen Stränden gewarnt. Vorsicht vor Dieben und es dröhnt aus jedem Auto ohrenbetäubende Musik, an die uns wir Europäer nicht gewöhnen können. Wir waren schon ganz schön gespannt, was wir nun für einen schönen Strand mit warmem Meer in Kauf nehmen müssen, bzw. wie lange wir das Höllengetöse und schlaflose Nächte aushalten würden.

Es war wieder ganz anders. Die erste Nacht, es war während der Woche, haben wir wie die Engel durchgeschlummert. Am Tag war es auch nicht allzu laut, keine offenen Kofferräume aus denen die Boxen irre laute Musik tönen. Kurz gesagt, es war bisher an allen Stränden viel ruhiger als wir befürchtet haben!

 

Der erste Strand bzw. Ort hieß witzigerweise Ubatuba und befand sich auf der Ilha do San Francisco im Norden vom Bundesstaat Santa Catarina. Wir hatten uns schon vorsorglich mit GPS-Koordinaten von verschiedenen Campings versehen, letztlich kam dann nur eines in Frage, weil die anderen entweder zu klein für Womos oder voll waren. Wie immer, wenn wir in einen Campingplatz fuhren, wurden wir sofort von neugierigen Brasilianern umringt, die diesmal aber nur portugiesisch sprachen, was das Frage-Antwort-Spiel schon etwas mühsam machte. Aber irgendwie geht es immer mit der Verständigung, und sei es mit Händen und Füßen! Unser Auto wurde inzwischen schon unzählige Male fotografiert, das Interesse an dem Exoten ist riesig, vielleicht sollte Bremach eine Lizenzproduktion in Brasilien eröffnen …

 

Der Strand war ideal zum Angewöhnen an brasilianische Gewässer: Eine milde Brandung ließ selbst Gerti etwas mit den Wellen spielen. Es gab eine nette Strandstraße, gesäumt von Läden und Restaurants, wie in Südeuropa. Es war Hochsaison, alle Lokale waren voll, die Leute flanierten entspannt auf den Straßen. Wir fühlten uns sehr sicher und genossen das Urlaubsfeeling.

 

Ein paar Einsichten zum Wetter: Es ist hier jeden Tag anders und selbst am selben Tag ändert es sich oft mehrmals. Herrschte gerade noch Sonnenschein, kann es in der nächsten Stunde schon tröpfeln und umgekehrt. Das hat zur Folge, dass die brasilianischen Urlauber überhaupt nicht vom Wetter beeindruckt sind. Sie gehen bei jedem Wetter an den Strand, es ist ja warm! War anfangs etwas gewöhnungsbedürftig für uns, aber inzwischen haben wir uns diesem Lebensstil angepasst.

 

Nach dem ersten Strandkontakt fuhren wir weiter südlich mit einem Umweg ins Landesinnere. Wir besuchten das „Deutscheste Dorf in Brasilien“ – so die Eigenwerbung – namens Pomerode. Und wirklich sind hier noch zahlreiche norddeutsche Fachwerkhäuser aus der ersten Besiedlungzeit im 19. Jahrhundert erhalten geblieben. Außerdem feiern die Pomeroder jedes Jahr vier landesweit bekannte Feste, wobei das Deutschtum hochgehalten wird. Das Deutschtum wirkt sich jedoch auch in einer gewissen Ignoranz für Fremde aus, es war der einzige Ort, wo wir als Reisende selten von Einheimischen angesprochen wurden! Aber ein brasilianischer Wachmann zeigte an uns Interesse, und wir konnten ein Pläuschchen auf Portugiesisch führen. Dafür konnten wir ungestört, sogar bewacht, am Parkplatz des Kulturhauses übernachten.

 

Dann hatten wir von der Deutschtümelei genug, ließen das für sein Oktoberfest berühmte Blumenau links liegen und zogen wieder an den Strand. Na ja, beim ersten Ort verstellen die Hochhäuser den Blick auf den Strand, bzw. was davon übrig ist. Camboriu ist bekannt als das Rio für arme Leute und berühmt für sein Nachtleben. Hochhausschluchten sind unsere Sache nicht, zum Glück beginnt dahinter aber gleich eine dramatische Küstenstraße, die immer wieder zu interessanten Sandbuchten mit glasklarem Wasser führt. An so einer Bucht schlugen wir unsere Zelte auf und wurden sogleich am Campground wieder von freundlichen Brasilianern adopiert! Schade, dass wir Vegetarier sind (zumindest Michael, Gerti zeitweise), sonst wären wir dort ständig mit allem möglichen Getier aus dem Meer gefüttert worden. Der Strand hatte herrlichen goldenen Sand zu bieten, aber auch eine gewaltige Brandung, die Schwimmen unmöglich machte. Lediglich ein Kampf mit den Wellen war für Michael möglich. Dafür konnten wir uns mit Boccia-Partien vergnügen.

 

Da das Internet zeitweise sehr gut funktionierte, konnten wir endlich die Schiffspassage für den Bremi fixieren. Wir haben es jetzt optimal gebucht: Bremi-Abgabe in Zarate am 16. 2. Und Flug von Buenos Aires nach Australien am 19. 2. Wir sind also nicht gezwungen, die Zeit bis zum Flug zu lange in irgendeinem Hotel abzusitzen …

 

Weiter geht die Reise der Küste Santa Catarinas entlang, unterbrochen von einer herzlichen Einladung, die wir einfach annehmen mussten und die uns noch einmal ins Landesinnere führte …

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