Gertis Sri Lankan Bundesbahn-Blues

 

Um an unseren Urlaubsort Unawatuna zu gelangen, haben wir uns ausgesucht mit der Bahn von Colombo aus dahin zu fahren. Es wurde ein Erlebnis der besonderen Art und ist Wert, die Geschichte darüber nieder zuschreiben.

 

Michael hat bei seinen Recherchen herausgefunden, dass der Zug eine Station vor dem Hauptbahnhof Colombo losfährt. Es war in der Westprovinz um Colombo Beginn der 3wöchigen Neujahrsferien und ausgerechnet ein Samstag, als wir losfahren mussten. Wir waren also früh genug dort, dh. 3 Stunden vor Abfahrt des Zuges, um sicher einen Sitzplatz zu erhaschen. Reservierung gab´s leider keine.

 

So konnten wir das Treiben auf dem zu Beginn sehr verschlafenen Bahnhof mit Interesse beobachten. Wir haben die für Männer und Frauen getrennten Warteräume und Toiletten gefunden. Da wir natürlich zusammen sitzen wollten, haben wir auf den einfachen Bänken vor dem Gleis auf dem der Zug losfahren sollte gewartet. Beim Kiosk wurde lecker und preiswert aufgekocht und unser Mittagessen war gerettet.

 

Wir sahen viele Züge ein- und ausfahren. Bei allen waren die Ausstiegstüren geöffnet, wahrscheinlich wegen der brütenden Hitze. Aus einigen dieser Vorortezüge, wie wir dachten, hingen aus eben diesem Bereich, den offenen Türen, ganze Trauben von Menschen. Aber die fuhren ja meist nicht weit und stiegen beim nächsten oder übernächsten Halt wieder aus war unsere Beruhigung.

 

Nach einiger Zeit des Wartens, kam ein Mann mit einer Tasche und gefüllten Plastiksäcken in unsere Nähe. Gerti dachte, was für ein schleimiger Typ, da hat er sie auch schon angegrinst. Widerlich! Gerti ignoriert das ganze indem sie zur anderen Seite blickt. Fast unmerklich rückt der Mann an die ahnungslosen Touristen näher. Als Gerti mal aufblickt, wieder dieses widerliche Grinsen in ihre Richtung. Es folgt Gertis angewidert, ignoranter Blick auf die andere Seite. Jetzt geht der Mann aufs Ganze: Er kommt noch näher und spricht Michael an, woher er denn komme. Gerti möchte ihn erwürgen und traut ihren Ohren nicht. Michael antwortet wahrheitsgemäß: „From Austria“. Nun kommt eine neue Variante ins Spiel. Der Mann spricht deutsch, gibt sich als Sprachlehrer aus und erzählt Michael, dass er bereits x-Mal in Deutschland war. Er ist sehr gut des deutschen mächtig, das ändert aber nichts daran, dass er, anscheinend nur für Gerti, schleimig ist. Michael lässt sich bereitwillig Informationen aus der Nase ziehen. Er sagt ihm, wohin sie fahren, in welchem Hotel sie absteigen werden, wie lange sie bleiben…. Während Gerti daneben sitzt, und keinen der beiden eines Blickes würdigt, kocht sie innerlich und jetzt würde sie schon gerne zwei erwürgen. Wie kann Michael diesem Heini nur all die Informationen über uns geben??? Sie ist sprachlos!

 

Inzwischen wissen wir, dass er Armeen heißt und Touren als erfahrener Reiseleiter, in ganz Sri Lanka anbietet. Er zeigt uns ein Foto eines „Österreichischen Freundes“ mit unserem Präsidenten Fischer, wohl zum „Vertrauen aufbauen!“ Armeen also, streut seine Informationen aus, immer mit dem Hintergedanken, dass Michael bei irgendeiner schon an „anbeißen“ wird. Trotz all seiner Höflichkeit: Er hilft uns beim weiteren Essen besorgen, will uns die Durchsagen übersetzen etc., ist er einfach nicht Gertis Fall. Irgendwie will er ja doch nur Profit aus uns schlagen, denkt sie sich, und solche Typen mag sie nicht.

 

Währen sich die zwei offensichtlich prächtig unterhalten, sitzt Gerti schmollend und grantig, schweigend daneben, mit dem Vorwand müde zu sein. Sein Zug wird ja auch bald kommen, und dann sind wir ihn los, ist ihr naiver Gedanke. Auf einmal hört Gerti Michaels Interesse an einer Teeverkostung. Jetzt hat Armeen den richtigen Köder ausgeworfen!!! Wir werden ihn nicht los sein, im Gegenteil: Er wird uns nächste Woche im Hotel besuchen!!!!! In unserem Erholungsurlaub nach der Ayurvedakur! Gerti hat nachdem sie fast übergekocht wäre, beschlossen das Ganze schön langsam amüsant zu finden. An diesem Tag wird sie sicher nicht anwesend sein, sondern den ganzen Tag alle Geschäfte Unawatunas von oben bis unten und zurück leerkaufen!!!!!

 

Der Bereich um unser Gleis ist bis auf den letzten Meter mit Menschen gefüllt und es bahnt sich an, dass wir einen Sprint, mit 4 Koffern gar nicht so leicht, hinlegen müssen, um einen Sitzplatz für unsere 3stündige Bahnfahrt zu ergattern.

 

Michael und Armeen haben bereits einen sicheren Plan dafür entwickelt: Während Michael und Gerti mit den kleinen Trolleys nach vorne sprinten, passt Armeen, unser vertrauenswürdiger Guide - oder was war der noch einmal - auf die beiden großen Koffer auf. Sobald wir unsere Plätze hätten, würde Gerti für Michael besetzen und der holt die großen Koffer aus Ameens vertrauensvollen Händen nach. Gerti steigen wieder die Krausbirnen auf, ergibt sich aber (Inschallah – so Gott will!) in das kommende Schicksal. Die Durchsage kommt, Die Menschenmenge wird noch dichter und der Zug fährt ein. Gesagt, getan, wir rennen mit den Trolleys los, die Menge rennt aber auch. Was wird wohl aus unseren großen Koffern werden? Michael ist etwas schneller und wir haben zwei Plätze, immerhin hintereinander. Ach ja, es fehlen noch die 2 Koffer. Michael quetscht sich gegen den hereindrängenden Strom nach draußen zu unserem neuen Freund . Ja, er hat tatsächlich auf unsere Koffer achtgegeben. So ein lieber, guter Mensch, von Gerti total verkannt! Er kommt auch noch mit herein und verabschiedet sich mit der Versicherung uns zu besuchen und Michaels Teeproben mitzubringen. Gerti bestätigt sich im Stillen, ausgerechnet an diesem Tag einkaufen zu gehen. Ganz tief hat sie ihn doch noch nicht in ihr Herz geschlossen und war froh, als er endlich endgültig zu seinem Zug verschwunden war.

 

Es waren fast noch 20 Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Immer noch strömten Menschen herein. Es war ja schon lange kein Platz mehr! Jeder Platz und jeder Haltegriff war besetzt. Die Stühle in der 2.Klasse waren eigentlich sehr bequem für eine Person. Bei diesem Andrang, war es aber nicht so, dass jeder einfach seinen Sitzplatz für sich alleine hatte. Nach der Abfahrt waren alle Haltegriffe vergeben und die Leute hielten sich auch überall an den Stühlen fest. In kurzen Abständen blieb der Zug stehen und überall drängten weitere Menschen in den Zug. Wohin den nur? Im Eingangsbereich hing eine Menschentraube ins Freie – also doch nicht nur bei Vorortezügen. Der Zug düste mit über 100 Km/h den maroden Schienen entlang. Das alles sah saugefährlich aus, aber offensichtlich hatten alle starke Oberarme zum Festhalten! Wahnsinn, man darf sich da nichts überlegen. Wahrscheinlich ist alles lange erfolgreich erprobt….

 

Im Zug war´s weder im Sitzen noch im Stehen sehr bequem. Gerti hatte Besuch von einer Frau mit Gepäck bekommen. Das Gepäck stand neben ihren Füssen und auf ihrem Schoß. Vor Gerti, in Ihrem Sitzbereich stand noch die Frau. Der Sitzbereich wäre wirklich bequem, für einen eben! Von außen drückte sich ein Bauch auf Gertis Kopf zu. Michael und Gertis Kopfstütze wurden jeweils liebevoll von jemandem umarmt, der sich auch festhalten musste. Alle Gäste waren irgendwie guter Dinge, es ging ja in den Urlaub, oder nach Hause. Was sind schon ein paar Stunden eingequetscht zu sein, das nimmt man gerne in Kauf; wir alle!!!

 

Nachdem der eine oder andere vielleicht hungrig war, wurden wir auch noch von Händlern, die verschiedenste Leckereien oder Getränke angeboten haben aufgesucht. Es war kaum mehr vorstellbar, aber diverse frittierte Bällchen oder andere gebratene Köstlichkeiten wurden irgendwie im gesamten Zug angeboten. Wenn so viele Menschen in einem Zug fahren, dachten sich ein paar blinde Bettler, da fällt für uns vielleicht auch etwas ab und sie zwängten sich manchmal singend oder einfach bettelnd durch die Menge. Das ist Leben!

 

Oh, da kommt ein Mönch! Dem Mönch muss ein Sitzplatz gemacht werden. Die Frau in Gertis Sitzbereich dirigierte alles und Michaels junger Sitznachbar musste Platz machen für den Mönch. Jetzt hatten wir wieder etwas dazugelernt über Sri Lanka.

Erst ein paar Stationen vor unserm Ziel, lockerte sich die Situation auf und viele waren ausgestiegen. Immer hatten noch nicht alle einen Sitzplatz. Die Sri Lankesen waren sehr freundlich und halfen uns dabei an der richtigen Haltestelle auszusteigen. Jetzt sahen wir auch unsere großen Koffer wieder, die während der Fahrt unter der riesigen Menschenmaße verschwunden waren und sicher als Sitzplatz dienten.

 

Nun standen wir da mit unseren 4 Koffern und weit und breit kein Tuk Tuk. Da war gar kein Platz, es führte gleich die Straße hinter dem kleinen Bahnhof vorbei. War aber kein Problem, wie alles bisher auf Sri Lanka! Da kam schon eins vorbei und gleich ein nächstes und innerhalb von ein paar Minuten waren wir im Hotel.

 

Leider haben wir keine Zeit an dem Tag wenn Armeen vorbeikommen wollte, weil wir da ein Rendezvous mit einem Leoparden im Yala Nationalpark haben…..Sorry!